Ich freue mich, bekanntgeben zu können, dass die Restaurierung des Boulle-Marketerie-Schildpatt-Kabinetts nach monatelanger, sorgfältiger Arbeit erfolgreich abgeschlossen ist.
Ein leuchtendes Beispiel aus der Epoche Napoleon III. (1852 – 1870) erstrahlt nun wieder in vollem Glanz.
Im Folgenden präsentiere ich einige Impressionen aus dem Verlauf der Restaurierungsarbeiten.
Begutachung und erste Schritte
Das erste Video zeigt, wie ich das Möbel zerlege, die Messingornamente entferne, reinige und glänzend poliere sowie Messingflachstangen neu einpasse und mit schwarz gefärbtem Fischleim einleime.
Erste Arbeiten an den zentralen Schildpatt-Paneelen
Das nächste Video zeigt erste Arbeiten an den zentralen Schildpattpaneelen mit seinen leuchtenden Marketerien:
Konkave Zulage, Intarsien aus Messing und farbige Schellackfüllungen.
Im nächsten Schritt restauriere ich die Boulle-Marketerie der Kabinett-Seitenwände. Dabei fülle ich die kleinen Fehlstellen mit farbigem Schellack. Die grösseren ergänze ich später mit echtem Schildpatt.
Weitere Arbeiten an den zentralen Schildpatt-Paneelen
Im linken Video passe ich Messinginlays neu ein. Kleinere Defekte fülle ich anschliessend mit farbigem Schellack auf und stelle zum Schluss eine Papiermatrizen her, um fehlende Ornamente auf Messing zu übertragen.
Im rechten und unteren mittigen Video kommen nun alle Elemente zusammen.
Eine Symphonie der Elemente verschmilzt harmonisch: Messing, Schellack und das in einer Vielzahl von Farbtönen flammende Schildpatt.
In der nachfolgenden Gallerie finden sich Fotos zu den vergangenen Restaurierungsschritte:
Wie stellt man farbige Schellacknuggets zum Ausbessern von Boulle-Marketerien her?
Das nächste Video zeigt, wie man aus Schellackflocken farbige Nuggets herstellt, um die Räume zwischen dem Messing und dem echten Schildpatt auszufüllen.
Ebonisieren, schleifen und retouchieren
Unter dem Begriff «Ebonisieren» versteht man das Schwärzen von Holz. Wie der Wortstamm schon sagt, hat man auf diese Art versucht, das sehr teure Ebenholz nachzuahmen.
Diese Technik ist besonders häufig bei antiken Möbeln aus der Biedermeierepoche sowie im französischen Historismus – in der sogenannten Epoche «Napoleon III» – zu finden.
Zu dieser Zeit war Ebenholz sehr beliebt um Kontraste zu hellen Hölzern wie Kirsche, Birke oder Esche zu schaffen. Wem Ebenholz zu teuer war, der ahmte es nach, indem er einheimisches Holz schwarz färbte.
Dazu eignete sich am besten das maserungsschwache Holz des Birnbaumes. Die Schwärzung erreichte man, indem man Schellack mit Russ mischte und dann die zu schwärzenden Elemente mit dieser Mixtur polierte. Die ebonisierten Teile des Napoleon III-Kabinetts habe ich mit Chinatusche retouchiert.
Tusche besteht aus Bindemitteln und echten Farbpigmenten. Sie ist normalerweise dickflüssiger als Tinte, wasserfest und trocknet deutlich deckender.
Schellackpolitur – die Königin der Polituren
Die Schellackpolitur bringt wie keine andere Oberflächenbehandlung die Transparenz und die Leuchtkraft von Holz zur Geltung.
Mit Hilfe eines Ballens aus einem Leinentuch und einer inneren Füllung aus Wolle oder Baumwolle wird der in Alkohol gelöste Schellack schichtweise aufgetragen.
Der Alkohol verdunstet und hinterlässt den Schellack auf dem Holz. Dies erzeugt möglicherweise das schönste Finish für Möbel.
Schellackmischung:
1 Kilogramm Schellack Flocken & 4 Liter Ethanol mischen. Dies ergibt ein Mischungsverhältnis von 1 : 3, da 4 Liter Ethanol nur 3 Kilogramm schwer ist. Ethanol ist besser als Isopropanol. Es löst sich besser auf.
Die Mischung muss immer wieder gedreht werden, damit sich die Flocken auflösen. Es braucht etwa 1 bis 2 Wochen. Es hängt von der Dicke der Schellackflakes ab.
Die 1: 3 Mischung ist eine Stammlösung. Es ist nicht die Mischung, die man für eine Politur braucht. Diese Stammlösung wird nochmals verdünnt mit Isopropanol. Isopropanol ist ein Erdölprodukt. Ethanol hingegen ist das Resultat eines Gährungsprozesses. Isopropanol ist weniger aggressiv, wodurch die Gefahr geringer ist, untere Schellackschichten abzureiben.
1 : 6 für Porenfüllung:
Beim ersten Arbeitsgang werden die Holzporen gefüllt. Offenporige Hölzer wie Mahagoni oder Walnuss besitzen grosse Poren und werden mit Bimsmehl gefüllt. Für das ebonisierte Holz des Napoleon III-Kabinetts habe ich eine Mischung aus Kohle und gemahlenem Vulkangestein verwendet.
1:3 für die Deckpolitur:
Die Stammlösung (1:3) kann man mit Schleifstaub vermischen, wodurch ein wunderbarer Kitt entsteht, den man sehr gut für Holzoberflächen benutzen kann. Damit der Farbton stimmt, kann man in diesen Kitt auch Farbpigmente einsträuen.
Oder man schmilzt Blätterschellack zu Nuggets, die man mit Naturpigmenten unterschiedlich einfärbt. Die Schellacknuggets werden mit einem Schmelzgerät angelöst und in die schadhaften Stellen eingedrückt (vgl. oben)
Zum Streichen von Möbeln nimmt man die Mischung 1:6 (Porenfüllmischung). Früher wurde der Innenbereich von Küchenmöbeln mit Schellack ausgepinselt, da Schellack Gerüche bindet.
Vorher – Nachher
Saint Gervais, 27. Juli 2023
Lieber Guillaume,
Die Zeit, die ich in deiner Werkstatt verbringen durfte, ist von unschätzbarem Wert.
Deine Leidenschaft für die Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten ist ansteckend und inspirierend.
Dank deines umfangreichen Wissens und deiner herausragenden Fähigkeiten konnte ich mich beruflich enorm weiterentwickeln.
Von ganzem Herzen danke ich dir für deine geduldige und kompetente Art als Ausbilder und Mentor sowie für das Vertrauen, das du mir und meiner Arbeit entgegengebracht hast.
Herzlich, Chaska
Neueste Kommentare